Die Besteigung des Hochvogels (2.592 m) bildet unbestritten einen Glanzpunkt unter den Allgäuer Bergtouren. Von anderen Gipfeln und aus verschiedenen Perspektiven sieht das „Matterhorn des Allgäus“ immer so verlockend und so großartig aus, dass mir die Besteigung als ein Muss erschien. An einem verlängerten Juni-Wochenende 2018 war es dann so weit. Ich fuhr Freitags nach Hinterstein, stellte mein Auto auf dem Parkplatz „Säge“ ab und fuhr weiter mit dem Bus durch das schöne Ostrachtal zum Giebelhaus. Ein wenig bereute ich die Busfahrt, denn das Tal scheint mir eine Wanderung wert zu sein. Es gibt ja verschiedene Aufstiegsrouten zum Gipfel und Rundwege. Der Aufstieg von Hinterhornbach aus über den Bäumenheimer Weg ist seit einigen Jahren wegen starker Steinschlaggefahr gesperrt. Eigentlich hätte mir die Route vom Edmund-Probst-Haus über das Laufbacher Eck gefallen, aber da lag noch zu viel Schnee. Ich entschied mich für die schnelle Variante ab Giebelhaus über das Prinz-Luitpold-Haus zum Gipfel.
Wenn Du lieber schauen willst, dann geht es hier…
Aufstieg zum Prinz-Luitpold-Haus (1.846 m)
Um die Mittagszeit begann ich meinen Aufstieg und erreichte nach dem Passieren des Täschlefalls und einem Blick auf den markanten Gipfel des Schneck als erstes die Almhütte „Unteres Bärgündle“. Etwas Leckeres essen und trinken kann nie schaden und so kehrte ich ein. Nach einem weiteren Aufstieg erreichte ich sehr bald das Prinz-Luitpold-Haus. Ich war früh dran, aber das erwies sich als vorteilhaft, um ohne Vorbestellung noch ein Lager zu ergattern.
Danach schaute ich mir den weiteren Aufstieg an, um den morgigen Tag zu planen. Der Pfad lag teilweise noch unter Schnee und war nicht leicht zu finden. Unterhalb der Kreuzspitze gibt es ein Kar. Sorge bereitete mir die Aussage der vom Kar herabgestiegenen Wanderer, dass das Schneefeld dort nicht nur verharscht, sondern geradezu vereist sei. Warum nur hatte ich mir keine Steigeisen ausgeborgt oder zumindest Grödeln mitgenommen. So entschied ich mich, über die Balkenscharte aufzusteigen und dann im sonnenbeschienenen und hoffentlich angetauten kalten Winkel aufzusteigen.
Kleiner Tipp:
Steigeisen oder zumindest Grödeln für vereisten und verharschten Schnee mitzunehmen, ist im Juni ratsam.
Aufstieg vom Prinz-Luitpold-Haus zum Gipfel des Hochvogel (2.592 m)
Am nächsten Morgen kurz nach sieben Uhr ging es los. Schon bald hatte ich bei schönstem Sonnenschein die Balkenscharte erreicht. Ich war noch allein unterwegs. Der tiefe Schnee im kalten Winkel war weder verharscht, noch vereist, sondern angetaut und weich. Bei jedem Schritt sank ich ein, und es bestand keine Gefahr abzurutschen. Ab der Kaltwinkelscharte führte der Pfad recht steil den Hochvogel hinauf. Der Fels bröckelte überall und nach den Wegmarkierungen musste ich genau schauen. Vor einige Hindernissen überlegte ich, wie ich da gefahrlos wieder herunterkommen werde. Zu Beginn führte der Weg teilweise über schmale Felsbänder. An einigen Stellen lagen noch Berge von vereistem Altschnee darauf, die den Durchgang versperrten. Bei einem dieser Eisschneeberge habe ich tatsächlich überlegt, ob ich umkehren sollte, aber nach einigem Probieren eine gefahrlose Variante der Überquerung gefunden. Nun musste ich noch einige ausgesetzten Stellen überqueren und war oben am Gipfelkreuz angekommen. Das Gefühl, den Gipfel erreicht zu haben, war wirklich großartig und die Aussicht ebenfalls. Beeindruckend ist der mehrere Meter breite Spalt, der sich direkt auf dem Gipfel auftut, weil die Flanke in Richtung Hinterhornbach abrutscht. Der Gipfel beginnt langsam auseinander zu brechen. In einigen Jahren wird wohl nur noch die Hälfte vom Hochvogel übrig sein.
Abstieg zur Kaltwinkelscharte
Nach einer ausgiebigen Fotosession, die in der späten Vormittagssonne nicht so richtig erfolgreich sein konnte, begann ich vorsichtig den steilen Abstieg zurück zur Kaltwinkelscharte. Nun kamen mir größere Gruppen von Bergwanderern entgegen. Manche in Strassenkleidung und vor allem in einfachen Sportschuhen. Vielleicht habe ich mir etwas zu viele Gedanken bei der Vorbereitung gemacht, aber fehlende Bergschuhe finde ich doch ziemlich leichtsinnig.
Versicherter Weg "über" die Kreuzspitze
An der Abstiegstelle zum Kalten Winkel (Kaltwinkelscharte) entschied ich mich für den Rückweg über die Kreuzspitze. Der Weg ist seilversichert und führt kurz unterhalb der Kreuzspitze vorbei. Den mittags immer noch vereisten Abstieg zum Prinz-Luitpold-Haus schaffte ich problemlos.
Abstieg zum Giebelhaus
Ein spätes Mittagessen auf der sonnenbeschienenen Terasse des Prinz-Luitpold-Hauses bildete einen weiteren Höhepunkt der Tour. Das Tolle ist, das man das Gipfelkreuz des Hochvogel von unten aus sehen kann. Genau so wie man vom Hochvogel aus das Prinz-Luitpold-Haus sieht.
Normalerweise unternehme ich keine Bergtouren allein. Auf vielbegangenen Wegen und in der Hauptsaison sehe ich das Risiko allerdings als überschaubar an. Zur zusätzlichen Sicherheit trug ich mich beim Start der Wanderung und nach meiner Rückkehr ins Wandertagebuch der Hütte ein. Der Abstieg folgte der gleichen Route über Bärgündelealm zum Giebelhaus.





